BGH bestätigt bisherige Rechtsprechung zum Eigenbedarf einer BGB-Gesellschaft und ändert Rechtsprechung, wenn eine Alternativwohnung im Haus leersteht
Mieterbund: Zwei Ohrfeigen für den Mieterschutz
„Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH VIII ZR 232/15) ist eine doppelte Ohrfeige für Mieter in Deutschland. Der Kündigungsschutz bei Eigenbedarfskündigungen des Vermieters wird aufgeweicht“, kommentierte der Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, die heutige Entscheidung der Karlsruher Richter. „Jetzt ist der Gesetzgeber gefragt. Er muss eine eventuell bestehende Regelungslücke schließen, das Kündigungsrisiko für Mieter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts minimieren und klarstellen, dass Eigenbedarfskündigungen unwirksam sind, wenn der Vermieter eine leerstehende Wohnung in seinem Haus den gekündigten Mietern nicht als Alternative anbietet.“
Mit dem heutigen Urteil bestätigt der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung, wonach auch die Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft für sich oder ihre Familienangehörigen ein Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs kündigen können. Eine Münchener Gesellschaft bürgerlichen Rechts hatte ein Wohnhaus gekauft mit der Absicht, die Miet- in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Nach der Umwandlung wurden die Wohnungen dann saniert und verkauft. Die Mieter der letzten, noch nicht sanierten und auch noch nicht verkauften Wohnung wurden dann wegen Eigenbedarfs gekündigt. Die Tochter eines der Gesellschafter sollte hier (angeblich) einziehen. Das Landgericht München (14 S 2969/15) hatte entschieden, das sei kein Eigenbedarf. Eigenbedarf eines Gesellschafters oder dessen Angehörigen könne es nicht geben. Der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil auf und erklärte, auch Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft könnten für sich oder zu Gunsten ihrer Angehörigen wegen Eigenbedarfs kündigen. Zweck der gesetzlichen Regelung sei es, den vertragstreuen Mieter, für den die Wohnung einen Lebensmittelpunkt darstellt, vor willkürlichen Kündigungen zu schützen. Andererseits solle aber auch dem Vermieter die Befugnis eingeräumt werden, sich beim Vorliegen eines triftigen Grundes aus dem Mietverhältnis lösen zu können. Es mache keinen Unterschied, ob sich Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf Eigenbedarf berufen oder eine Miteigentümer- oder Erbengemeinschaft.
Siebenkotten: „Mit dieser Rechtsprechung wird der Kündigungsschutz aufgeweicht, Missbrauch Tür und Tor geöffnet und die Regelungen zu Kündigungssperrfristen werden umgangen. Niemand wird sich ernsthaft wundern dürfen, wenn die gekündigte Wohnung jetzt umfassend saniert und dann teuer verkauft wird.“
Gleichzeitig änderte der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung zur Anbietpflicht des Vermieters – zum Nachteil des Mieters. Wird eine leerstehende Wohnung im Haus dem gekündigten Mieter nicht als Alternative zur Anmietung angeboten, führt dies nicht mehr zur Unwirksamkeit der Kündigung. Der Vermieter macht sich in diesen Fällen allenfalls schadensersatzpflichtig, er muss dem gekündigten Mieter unter Umständen Umzugs- oder Maklerkosten ersetzen.
Siebenkotten: „Wer eine leerstehende Wohnung im Haus nicht für seinen behaupteten Eigenbedarf nutzt, sondern auf der gekündigten Mieterwohnung beharrt, macht deutlich, wie wenig ernst sein Selbstnutzungswunsch ist. Wer dem gekündigten Mieter noch nicht einmal die leerstehende Wohnung als Ersatz anbietet, zeigt, um was es ihm in Wirklichkeit geht. Er will den gekündigten Mieter nicht mehr im Haus haben. Das Urteil des Bundesgerichtshofs, dass den Mieter in derartigen Fällen auf Schadensersatzansprüche verweist, ist aus meiner Sicht schlichtweg falsch.“